Ein Erfahrungsbericht von Jana, seit März 2022 Teil der femfeel Community.
Ich bin Jana, Mitte fünfzig und lebe in einer ländlichen Gegend am Rande einer gerade-so Großstadt in einem Mehrgenerationen-Hof. Mehrgenerationen bedeutet Schwiegermutter, zwei Töchter, ein Schwiegersohn und zwei wunderbare Zwillingsenkel.
In der DDR geboren und erzogen gehöre ich zu den Frauen, die natürlich selbstverständlich Ihren „Mann“ stehen. Seit fast dreißig Jahren habe ich einen sehr verantwortungsvollen Job in der Buchhaltung. Das erste Kind noch vor der Wende mit gerade einmal 21 Jahren. Dann kam die Wende und man musste erst einmal schauen, wie man zukünftig seinen Lebensunterhalt bestreitet. Mein Mann war beruflich ziemlich sicher untergebracht und ich fand auch bald mein Zuhause im Job. Aber es war zu dieser Zeit überhaupt nicht selbstverständlich Arbeit zu haben und so war immer der Druck da, man könnte den Job verlieren. Also weiter leisten, leisten und leisten.
Nebenbei Kind, Haushalt und Mann. Ach, das schafft man schon. Immer vorne weg und als das Kind mit 16 Jahren anfing seinen Weg zu gehen war da plötzlich diese Leere und die Frage, ob das schon alles war. Also nach 17 Jahren alles von vorne. Wieder eine Tochter und wegen der Angst den Job zu verlieren wird auch während der Elternzeit noch 20 Wochenstunden weiter gearbeitet – im Homeoffice – ja das gab es schon vor Corona. Dann bald wieder in Vollzeit – 40 Stunden. Damit keine Langeweile aufkommt, machte ich auch noch parallel eine Weiterbildung zum Heilpraktiker für Psychotherapie – nur so für mich war der Plan – am Ende dann doch mit Prüfung – es sollte ja schließlich einen Sinn gehabt haben. Bissl im Chor singen geht auch noch. Freundschaften pflegen.
Gott schon beim Aufschreiben wird mir schlecht, wenn ich das Pensum sehe.
Zwischenzeitlich kamen dann die Zwillingsenkel zur Welt – der jungen Familie musste ja auch geholfen werden.
Nun war ich leider bereits seit meinem 14. Lebensjahr von einer Angststörung mit Panikattacken geplagt. Phasenweise mal mehr und mal weniger. Aber es geht schon alles irgendwie.
Es kam natürlich genau das, was kommen musste: Die Angststörung flackerte beginnend im August 2019 wieder auf. Ich war fast 53 Jahre alt. Dieses Mal mit heftigen Symptomen welche auf Herz-Kreislauf-Probleme schließen ließen und ich schwitzte schrecklich. Ständig Schwindel, Herzstolpern, Übelkeit, und immer wenn ich Schweißausbrüche bekam war mir auch so komisch im Kopf. So leer. Dazu diese innere Unruhe. Ich habe eine sehr engagierte Hausärztin, welche diese Symptome alle abklären ließ: von der Magenspiegelung über alle möglichen
Herzuntersuchungen, alles ohne Befund. Nur schrecklicher Blutdruck und gruselige Leberwerte.
Dann kam Corona - gar nicht schön für Menschen mit Angststörungen. Noch mehr Kontrollverlust. Ich hatte zwischenzeitlich bereits meine Angstmedikamente erhöht und eine tolle Psychotherapeutin gefunden. Sie war und ist noch heute ein Segen für mich und ich kann nur jeden ermutigen es mit einer Therapie zu versuchen. Es ist kein Makel, sondern mutig, an sich zu arbeiten. Aber die Spirale drehte sich weiter bergab. Es folgten drei Monate Krankschreibung, eine tolle fünfwöchige Reha und ein mühsames herausziehen aus dem Schlamassel. Jeden Tag wieder – auch heute noch.
Und dann fand ich Janna und Marie und femfeel auf Frau-TV. Der Fernsehbericht war spannend – vor allem die Tatsache, dass sie mit ihren eigenen Muttis über Wechseljahre sprachen. Wechseljahre – das war doch das mit schwitzen, keine Regel mehr und erledigt. So dachte ich. Mutti fragen? Ausgeschlossen.
Nun hatte ich viele Jahre mit der Hormonspirale verhütet und schon aus diesem Grund keine Blutungen gehabt. Mit 52 Jahren ließ ich die Spirale entfernen – die Leberwerte verbesserten sich schlagartig. Es kam auch keine Blutung mehr.
Allerdings hatte ich nun auch überhaupt kein Gefühl dafür, wie weit ich in diesen Wechseljahren bin. Da hat mir femfeel geholfen. Das Telefonat mit Janna und Marie war toll. Sie brachten mich erstmals auf den Gedanken, dass sich in der Zeit der Wechseljahre vieles im Leben ändert und damit auch viele unangenehmen und ungewohnten Themen zutage treten. Gerade auch körperliche Symptome. Sicher sind die Wechseljahre nicht schuld an meiner Situation, aber vieles haben sie dazu beigetragen.
Insgesamt 30 Jahre Mutter – das ist sehr viel und aus meiner heutigen Sicht nicht empfehlenswert. Ich habe mein Leben lang geleistet, war immer für andere da. Wer von Euch kennt diesen Satz nicht. Meine gesamte Anerkennung zog ich daraus. Und jetzt war da plötzlich Zeit. Die Kinder gehen ihren Weg. Der Job läuft. Und es gibt Andere die vorneweg gehen. Ich bin nicht mehr das Zugpferd. Ich kann nicht mehr leisten, ich schaffe es nicht mehr. Keiner bereitet einen darauf vor.
Ich lerne jetzt Schritt für Schritt auch besonders dank meiner Therapeutin und femfeel, dass es in Ordnung ist, Zeit für sich zu haben und zu nutzen. Auch mal das Nichtstun zu genießen. Ich gehe einmal wöchentlich ins Fitnessstudio. Besonders das Krafttraining macht mir Spaß. Kurse brauche ich nicht. Ich möchte mich nicht messen und nicht mehr an meiner Leistung gemessen werden. Ich lese wieder, mache Handarbeiten oder gehe mit meinem kleinen niedlichen Hund spazieren. Er gehört seit zwei Jahren zu mir. Für die Kinder da sein – selbstverständlich, aber nur, wenn sie mich brauchen. Auch sie wollen Ihren Weg alleine schaffen. So wie ich es wollte.
Freundschaften habe ich aussortiert – ich pflege die, die mir wichtig sind.
Für mein gutes Gefühl bin ich in der Notfallseelsorge aktiv. Ein anspruchsvolles Ehrenamt, was mich glücklich macht und erdet.
Ganz langsam werde ich ruhiger.
Ellen von der Wechseljahresberatung meinte, die Wechseljahre könnten bis Ende fünfzig, Anfang sechzig dauern. Ok, ich habe noch Zeit. Aber was mir wichtig ist: bewusst zu machen, dass sich vieles wechselt in dieser Zeit. Aber unnütz sind wir noch lange nicht. Wir dürfen uns jetzt wieder um uns kümmern. Das kann man lernen.
Wie unser ganzes Leben lang brauchen wir dafür Mut – jede Menge Mut.
Und wir sollten Hilfe annehmen. Es gibt sie da draußen: Therapeuten mit Verständnis, Wechseljahresberaterinnen wie Ellen, tolle junge Mädels wie Janna und Marie und ganz wichtig: andere betroffenen Frauen. Lasst uns mehr darüber reden – das kann unglaublich erleichtern.